Depression und Chemie

"Depression ist ein chemisches Ungleichgewicht im Gehirn" - ein bisschen überspitzt, aber so ähnlich wurde es uns über lange Zeit verkauft.

In der Wissenschaft selbst ist diese Annahme offenbar schon länger über den Haufen geworfen - siehe "Die Mär vom Glückshormon"

https://www.spektrum.de/news/depression-mythos-serotonin-mangel/1798331?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE (Link bitte kopieren)

Es ist hochinteressant, was man inzwischen tatsächlich über den Zusammenhang von Depression und Vorgängen im Gehirn weiß und was man alles noch nicht weiß.

Ebenso interessant sind indes auch die Andeutungen, warum sich der Quatsch vom Ungleichgewicht solange im öffentlichen Bewusstsein hält und - schlimmer noch - dass der Verdacht, es könnte Quatsch sein, bereits vor 40(!) Jahren mit wissenschaftlichen Daten belegt wurde.
Trotzdem wurde über Jahrzehnte auf Basis dieser Annahme weiter "geforscht" - zum Nachteil der Patient/innen, die bis heute oft keine wirklich wirksame und unbedenkliche Arzneimitteltherapie ihrer Depression bekommen. *)

Das Ganze vermutlich nur, weil die Pharmafirmen (die einen wesentlichen Teil der Forschung betreiben) sich keinen kurzfristigen Erfolg von einer wirklich wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema versprachen und weil sich die so leicht verständliche Story "Nimm eine Tablette, dann geht das Ungleichgewicht weg!" so gut verkaufen ließ.

 

Das Beispiel zeigt aber auch:
es ist immer noch die Wissenschaft selber, die - wenn auch manchmal stark verspätet -  immer wieder ihre eigenen Annahmen umstürzt und damit den Weg ebnet für wirklichen Fortschritt.
Ein entscheidender Unterschied zur nichtwissenschaftlichen Kritik, die es im Falle von "Depression ist chemisches Ungleichgewicht" ja auch schon immer gegeben hat.

Denn Recht zu haben, ohne wirklich zu wissen warum, bedeutet immer, keine Antworten zu haben, wie das zugrunde liegende Problem wirksam gelöst werden kann ...

*) ob eine Arzneimitteltherapie überhaupt die richtige Form des Umgangs mit einer Depression ist, ist eine diskussionswürdige andere Frage - aber niemand kann in Frage stellen, dass die schlechteste aller Möglichkeiten eine schlechte Arzneimitteltherapie ist ...

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